Tagebuch Hornstorf 2002
Teil 10 von 11
23.07.2002 Nur für kurze Zeit kam die Sonne am Nachmittag durch, und genau zu dieser Zeit war ich vor Ort. Auch heute kam ein
Fremdstorch vorbei, und beide Altvögel waren zusammen mit dem jüngeren Jungstorch am Horst. Ich glaube, dass der Fremdstorch der
letzten Wochen immer ein und derselbe war. Es ist zwar nur ein Gefühl, aber ich vermute, es ist ein drei oder vier Jahre alter
Storch, der in Hornstorf aufgewachsen ist. Die Jungen kehren normalerweise nach einigen Jahren zu ihrem Geburtsort zurück und
halten sich ungebunden in der Umgebung auf. Auch heute wurde der Horst nicht angegriffen sondern nur überflogen. Ich hatte das
Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, als der männliche Altstorch vom Horst aus auf mich zuflog und zwischen Horst
und mir auf dem Feld landete. Ich hatte angenommen, dass er sich nicht lange vor mir aufhalten würde, denn dazu war die
Fluchtdistanz zu gering. Tatsächlich sollte es so kommen, für wenige Minuten hielt sich der Altstorch vor mir auf, und ich
konnte fotografieren. Darauf flog der Storch in Richtung Südosten. Auch das Weibchen und der Jungstorch folgten in die gleiche
Richtung. Sehr schön konnte ich vor dem Abflug des Jungstorchs beobachten, dass dieser noch immer zögert.
28.07.2002 Nach einigen bewölkten und zum Teil regnerischen Tagen war heute endlich wieder sommerliches Wetter bei 27°C. Am Horst
und in der direkten Umgebung waren die Störche nicht auszumachen. Ich sah, dass sich das Männchen auf einem Feld, das gerade gepflügt
wurde, aufhielt. Vom Rest der Storchenfamilie war keiner zu entdecken. Einige Rotmilane (Milvus milvus), Mäusebussarde (Buteo buteo)
und Möwen nutzten auch die Gelegenheit, Beute zu machen. Ich geh davon aus, dass sich die anderen Familienmitglieder an einem Bach oder
See aufgehalten haben. Gerade bei Hitze trinken auch Störche viel und halten sich gern im kühlenden flachen Wasser auf. Dies konnte
ich heute in der Nähe von Niendorf (bei Berkenthin) beobachten, wo die Niendorfer Storchenfamilie mit drei Jungstörchen
unterwegs war. Zum Trinken wird der Schnabel im flachen Winkel ins Wasser getaucht und das Wasser sozusagen abgeschöpft.
29.07.2002 Beide Altstörche hielten sich heute längere Zeit am Horst auf, und ich hatte das Gefühl, dass sie die Ruhe nach
der abgeschlossenen Jungenaufzucht genossen. Aus Sicht der Eltern sind die Jungstörche nun selbstständig genug, so dass diese
alleine gelassen werden können. Ich konnte die Jungen nicht ausmachen und geh davon aus, dass sie sich an einem Gewässer
aufhalten. Dort finden sie reichlich Nahrung und bei diesem heißen Wetter (34°C) das dringend benötigte Wasser.
30.07.2002 Auch heute war das Wetter fast zu sommerlich, denn bei 32°C im Schatten ist nicht viel anzufangen. Auch die
anderen Storchenpaare in der Umgebung verhielten sich eher ruhig. Leider waren auch heute die Hornstorfer Störche nicht
zu finden. So war ich in der weiteren Umgebung unterwegs und konnte beobachten, wie die Niendorfer Störche (bei Berkenthin) sich
an einer Wasserstelle aufhielten. Dort wurden die drei Jungen von den Eltern gefüttert, obwohl sich alle an einer Wasserstelle
mit viel Nahrung aufhielten und die Jungen bereits selber Beute machten. Dass Kühe auf dem Feld grasten und sich auch an der
Wasserstelle kühlten, schien den Störchen nichts auszumachen. Erst als ein Kalb plötzlich zur Mutter losrannte, flogen die
Jungstörche ein paar Meter weiter. Schade ist nur, dass es nicht die! Familie aus Hornstorf gewesen war. Denen wird es sicherlich
ähnlich ergehen...
01.08.2002 Auch heute Morgen waren beide Altstörche am Horst und beschäftigten sich mit der Gefiederkosmetik. Ich konnte keine
Aufnahmen machen, da es einfach zu starkes Gegenlicht gab, und so konnte ich leider nicht den synchronen Abflug beider
festhalten. Beide flogen ein paar Kreise und landeten wieder daheim am Horst. Es sollte einiges interessanter werden, als
ich an der südlich legenden Wiese wartete, um vielleicht einige Flugaufnahmen zu machen. Der Landwirt kam, um seine Wiese
zu mähen und ich dachte sofort an die beiden noch immer am Horst verweilenden Altstörche. Und tatsächlich, kurz nachdem der
Landwirt mit der Mahd begonnen hatte, machte sich das Männchen auf den Weg und landete nach einem kurzen Anflug direkt vor
mir auf dem gerade gemähten Gras. Nur ein wenig später folgte das Weibchen. Nun kam der Traktor das erste Mal zurück, und
das Männchen flog an das andere Ende der Wiese, sehr schade, denn ich hatte gehofft, die Ringdaten mit ein wenig Glück
ablesen zu können. Das Weibchen blieb bei mir in der Nähe und ging der großen Maschine immer nur einige Schritte aus dem
Weg. Während das Weibchen schreitend die Wiese absuchte, hielt sich das noch immer humpelnde Männchen im weiter entfernten
Bereich auf. Immer wenn der Traktor vorbeikam ging es mit Zuhilfenahme der Flügel beiseite oder flog sogar ein Stück
weiter. Sichtlich ist das Männchen nicht so gut schreitend unterwegs. Das Weibchen kam nun wieder in meine Richtung
zurück. Ein Beutetier mal rechts, mal links, und so kam es immer näher. Plötzlich, als es etwas gesehen hat, blieb es
stehen und rührte sich nicht. Auf der Lauer stand der Altstorch einige Sekunden, fast wie in einem Standbild. Auf einmal
pickte es mit dem Schnabel in der Erde herum und nahm kleine Beutetiere auf. Einmal war es eine von den zahlreich vorhandenen
Schnecken. Als es an dieser Stelle nichts mehr zu erbeuten gab, begab es sich in höheres Gras und nahm an einer Wasserstelle
Feuchtigkeit auf. Vielleicht war die Beute ein wenig klebrig oder die Störchin hatte einfach nur Durst. Von den Jungstörchen
war nichts zu sehen, und der Landwirt erzählte mir, dass er die beiden einige Tage zuvor bei Groß Grönau gesichtet habe. Das
bestätigt meine Theorie, dass sich die Jungen noch immer in der Nähe zum Horst aufhalten. Als der Landwirt mit seiner Arbeit
fertig war und zu einem weiteren Feld fuhr, kehrte Ruhe ein. Später flogen beide Altstörche in Richtung Süden, dort wurde ein Feld
geerntet. Der heutige Tag war mit etwa 28°C und wenig Wind wieder sehr warm, und ich war froh, einen Fotoplatz im Schatten zu haben.