Tagebuch Hornstorf 2002
Teil 1 von 11
Überraschend wurde am 01.02.2002 von Gernot Blum der männliche Weißstorch vom Vorjahr in Hornstorf gesichtet. So früh wurde bisher
kein Storch rund um Lübeck gesichtet. Es ist stark anzunehmen, dass der Storch in Spanien oder Süd-Frankreich überwintert hat und
das milde Klima die frühzeitige Rückkehr beeinflusst hat. Ich freue mich jetzt schon auf die neue "Storchenzeit".
Am 09.02.2002 konnte ich das erste Mal vor Ort sein und den altbekannten Storch beobachten. Es war sehr stürmisch, und der Weißstorch
hatte alle Mühe, sich gegen den Westwind am Horst zu behaupten. Zu dieser Jahreszeit ist es mit ca. 12°C ungewöhnlich warm, was das
frühe Zurückkehren des Zugvogels erklärt. Es wird noch einige Zeit dauern bis die Partnerin, die üblicherweise im März zurückkehrt, wieder
eintrifft. Bis dahin bleibt der Storch in der Nähe zum Horst und bessert die Winterschäden am Nest aus. Es ist allerdings nicht viel am
Horst zu reparieren, so ist das Männchen nur selten mit Nistmaterial zum Horst unterwegs. Nahrung findet es auf den zum Teil überschwemmten
Feldern und an bzw. in den naheliegenden Bächen. Falls das Wetter umschlagen sollte und es für einige Tage friert, könnte es mit der
Nahrungssuche schwierig werden, und der Weißstorch würde ein wenig in Richtung Süden fliegen und dementsprechend später wieder zurückkehren.
Am 23.02.2002 war ich wieder zu Besuch in Hornstorf und konnte den Storch bei Schneesturm am Horst und bei der mühsamen Nahrungssuche
auf einem der verschneiten Felder beobachten. Ich war ganz erstaunt, dass der Storch während eines starken Schneeschauers vom Horst
aus losflog, denn es war kaum etwas durch die dicken Schneeflocken zu sehen. Er landete nach kurzem Flug im naheliegenden Nahrungsgebiet
und suchte an einem offenen Bach, wo sich auch eine Gruppe Graugänse aufhielt, nach Nahrung. Immer wieder wechselte das Wetter zwischen
Sonnenschein und Schneesturm, sichtlich war es auch dem Storch unangenehm. Ganz geschickt hielt er sich im Windschatten eines Hügels
auf. Etwas mitgenommen sah der Altvogel durch sein verschmutztes Gefieder allerdings aus. Wenn dieses Wetter nicht länger anhält, wird
der Storch keine Probleme mit der Nahrungssuche bekommen. Es ist eben sehr wichtig, dass der Boden nicht gefriert.
Am 05.03.2002 ist das Weibchen in Hornstorf eingetroffen, das Paar wurde erstmals gemeinsam am Horst gesichtet. Das Männchen hat
sich die ganze Zeit in der Nähe zum Horst aufgehalten und ohne weitere Vorkommnisse überstanden.
09.03.2002 Bei ca. 11°C und Sonnenschein hielt sich das Storchenpaar die meiste Zeit auf den Feldern, ganz in der Nähe zum Horst
auf. Am späten Nachmittag kam das Paar am Horst zusammen, das Männchen saß ruhend, und das Weibchen pflegte sich das Gefieder. Der
Horst ist in einem sehr guten Zustand, und es muss nicht viel getan werden. So werden die ersten Tage nach dem langen Rückflug
zunächst zum Ausruhen genutzt. Bisher kam es nicht zur Eiablage.
Auch am Samstag den 23.03.2002 hielt sich das Storchenpaar wie gewohnt in der Nähe zum Horst auf. Bis mit der Brut begonnen
wird, tun dies die sehr stark ortsgebunden Störche, um den Standort vor anderen Interessenten zu sichern. Für kurze Zeit war
einer der Beiden (wahrscheinlich das Männchen) ruhend am Horst zu sehen. Bis heute ist es nicht zur Eiablage gekommen, und das
Storchenpaar wird noch einige Tage auf etwas wärmere Temperaturen und beständigeres Wetter warten.
Bei ca. 3°C hielt sich am Sonntag den 24.03.2002 das Storchenpaar bis ca. 17Uhr im Nahrungsgebiet auf. Gegen 17Uhr kehrten beide
zum Horst zurück, wobei der Anflug etwas Besonderes darstellte, denn beide kamen so gut wie gleichzeitig am Horst an. Der eine
kam von links, der andere nach einem "Rundflug" um den Horst herum, von rechts an. Nach dem Begrüßungsklappern und intensiver
Gefiederpflege kam es erstmals zur Kopulation. Ab jetzt ist in wenigen Tagen mit der Eiablage zu rechnen.
26.03.2002 Das Storchenpaar hat mit der Brut begonnen. Ich konnte sehr schön beobachten, wie das Nestzentrum mit weichem Material
ausgebaut wurde und sich die Altvögel um das Gelege kümmerten. Wie viele Eier gelegt wurden, konnte ich leider nicht sehen, dazu
liegen diese zu tief im Nest. Ab nun ist immer einer der Altvögel am Horst und sie wechseln sich regelmäßig mit dem Brüten ab. Obwohl
es bereits zur Eiablage gekommen ist, kann das etwas wacklige Ritual der Paarung weiterhin beobachtet werden. Den ins Nahrungsgebiet
fliegenden Storch konnte ich verfolgen, und es sollte sich meine Annahme, dass auch die Baustelle der Autobahn A20 zur Nahrungssuche
mit einbezogen wird, bestätigen. Leider ist es während der Arbeitstage im Dorf unruhig geworden. Immer wieder fahren große LKW durch
den kleinen und ansonsten sehr ruhigen Ort und wirbeln dabei viel Staub auf. Glücklicherweise konnte ich bei den Störchen keine
Verhaltensänderung oder Unruhe feststellen.